Dialog statt Aussetzung!

Verwaltungsausschuß begrüßt Einbeziehung des Gesamtgemeinderates in Sachen Novorossijsk

[Update 15.3.2022] Nach Vorberatung im Ältestenrat hat der Verwaltungsausschuß des Heilbronner Gemeinderates zugestimmt, daß das Thema  „Aussetzung der Partnerschaft mit Novorossijsk“ wie von Stadtrat Alfred Dagenbach gefordert, im gesamten Gemeinderat behandelt wird.

Vorgeschichte

Am Freitag, 11.03.2022 um 10:30 flatterte den Heilbronner Gemeinderäten eine eMail aus der Geschäftsstelle des Heilbronner Gemeinderates auf den PC.

Darin der lapidare Verweis, daß man mit dieser E-Mail die Ergänzung der öffentlichen Tagesordnung des Verwaltungsausschusses am Montag, 14. März 2022 erhalte.
Um was es dabei ging: Fehlanzeige.
Es hieß nur, daß die Tagesordnungsergänzung im Ratsinformationssystem abrufbar sei.

Dort nachgeschaut, erfuhr man von einem „Brief an die Partnerstadt Novorossijsk“ – mehr nicht.
Anlaß für Stadtrat Alfred Dagenbach, bei der Verkünderin der Botschaft umgehend nachzufragen, ob es dazu noch eine Vorlage gibt?

Um 11:30 Uhr dann die Kurzmitteilung, der Brief werde im Entwurf „heute noch“ an die Fraktionsvorsitzenden versendet.
Aha!

Als der Brief nächsten Tags abends schließlich via primus inter pares, sprich dem sich in Freiburg bei seinem Vater befindlichen Fraktionsvorsitzenden Dr. Benner, auch bei ihm eintraf, wurde klar, um was es dabei ging:
In einem Brief des Oberbürgermeisters Harry Mergel an den Oberbürgermeister der russischen Partnerstadt Novorossijsk am Schwarzen Meer, Andrej Kravchenko,  stand nach einer umfänglichen Beschreibung der bestehenden Städtepartnerschaft und augenblicklichen Situation schließlich, daß mit dem Angriff der russischen Föderation auf die Ukraine das tragende Fundament der Partnerschaft dazu schwer erschüttert worden sei und wir „jegliche Begegnungen auf offizieller Ebene bis auf Weiteres“ aussetzen werden.

Den im Schreiben nicht genannten Anlaß dazu hat wohl eine Pressemeldung über eine Stellungnahme Kravchenkos zum russischen Einmarsch in die Ukraine gegeben.

Unterschrieben werden sollte es dem Entwurf zufolge von allen Sprechern der Faktionen und Gruppen im Gemeinderat und ohne weitere Abstimmung – eine Drucksache zur Entscheidung lag nicht vor – nach einer vorausgehenden Sitzung des Ältestenrates wohl im Verwaltungsausschuß pressewirksam bekannt gegeben werden.

Weder des Vorgehen noch die Reaktion auf den völkerrechtswidrigen Angriff Rußlands auf die Ukraine, für die die Bürger der Partnerstadt nichts können und denen es von der Regierung bei Strafe strengstens untersagt wurde, sich dazu „nicht genehmigt“ zu verhalten, gefiel Stadtrat Alfred Dagenbach.

In einem Schreiben an Oberbürgermeister Mergel zu dessen geplantem offiziellen Brief an unsere Partnerstadt Novorossijsk , das er auch allen übrigen Kollegen  im Gemeinderat zukommen ließ,  erklärte er diesem, daß er weder mit dessen Vorgehen in Sachen  „Brief an unsere Partnerstadt Novorossijsk“ noch mit der darin angekündigten Aussetzung „jeglicher Begegnungen auf offizieller Ebene bis auf Weiteres“ konform gehen kann.

Stadtrat Alfred Dagenbach hatte erst vor wenigen Tagen in einer Anfrage beantragt, nach dem Beispiel der Freizeiten für Kinder aus der Partnerstadt Beziérs ukrainischen Kindern eine solche auf dem Gaffenberg einzurichten, um deren Traumatisierung zu begegnen.

Er wies nun auf die Regularien für ein solches offizielles Schreiben hin und forderte dazu insbesondere, die offiziellen Beziehungen nicht ruhen zu lassen, sondern stattdessen den Dialog auszuweiten und wies darauf hin, daß, nachdem der Gemeinderat dem Partnerschaftsvertrag am 2019 zugestimmt hat, dieser auch in seiner Gesamtheit bei  der Erfüllung der darin enthaltenen Punkte zuständig ist.

Darin wird nämlich zur künftigen Zusammenarbeit, die „von gegenseitigem Respekt und Vertrauen getragen“ sein soll, auch der Absicht zugestimmt, „sich über erreichte Ergebnisse und zu lösende Probleme auszutauschen, ihre Beziehungen in Form jährlicher Zustimmungsprotokolle zu verankern und gemeinsame Projekte zu erarbeiten“.

Stadtrat Alfred Dagenbach: „… Genau dieser Punkt ist hier erreicht. Anstatt also jegliche Begegnungen auf offizieller Ebene bis auf Weiteres auszusetzen sollte der umgekehrte Weg eines verstärkten Dialoges aufgebaut werden, denn erstens gründet sich eine Städtepartnerschaft nicht auf eine Beziehung der „Großkopfeten“ der Städte, sondern, wie in den einzelnen Punkten im Partnerschaftsvertag auch dargestellt, ihrer Bürger in ihrer Gesamtheit.
Die Passage mit der darin angekündigten Aussetzung  jeglicher Begegnungen auf offizieller Ebene trifft letzten Endes die Bürger der Partnerstadt insgesamt und auch Sie wissen ganz genau, daß andere Beteuerungen lediglich den Wert von Lippenbekenntnissen haben.
Darüber hinaus ist dieser Dialog um so wichtiger, da selbst Oberbürgermeister Andrej Kravchenko der offiziellen russischen Propaganda unterliegt und von Amts wegen gezwungen ist, diese auch zu vertreten. Ich verweise darauf, daß dem entgegen stehendes Verhalten mit drastischen Strafen geahndet werden, die für Amtspersonen noch bis zum zehnfachen erhöht  werden können.
Diese Passage in Ihrem Schreiben sollte also in eine Aufforderung zum verstärkten Dialog umgewandelt werden, denn diese Invasion in die Ukraine ist ein drastischer Bruch bestehenden Völkerrechts, über deren Folgen und Auswirkungen für die Bürger in unseren beiden Partnerstädten offen ein Austausch auf Augenhöhe stattfinden sollte.
Das kann nicht stattfinden, wenn von einer Seite von vorneweg die offizielle Begegnung – und damit auch Verbindung – ausgesetzt wird, die gerade jetzt notwendig wäre. …

Resolution angestrebt
Nicht nur durch Resonanz aus dem Kreis der angeschriebenen Kollegen im Gemeinderat zeigte das Schreiben offensichtlich Wirkung.
In der vor dem Verwaltungsausschuß stattgefundenen Sitzung des Ältestenrates, dessen einzige Aufgabe die Beratung des Oberbürgermeisters bei der Gestaltung von Gemeinderatssitzungen ist, wurde die Empfehlung zur Einbeziehung des gesamten Gemeinderates ausgesprochen.
Als Grund für den ursprünglich beabsichtigten Schnellschuß am Gemeibderat vorbei gab OB Mergel den zeitlichen Abstand zur nächsten Sitzung des Gremiums am 28. März 2022 an.
Dann soll – wie bisher üblich – durch den Gemeinderat eine Resolution beschlossen werden.
Nun besteht die – vage – Hoffnung, daß sich das Thema bis dahin durch eine Beendigung der Kriegshandlungen von selbst erledigt hat.

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